Kolumbien

Reisen

Es gibt verschiedene Urlaubs-Typen. Menschen, die unter Palmen im weißen Sand braten, solche, die die höchsten Berge der Welt beklettern, Menschen, die finden, dass es zu Hause am schönsten ist oder die, die endlich mal ganz weit weg wollen, und solche, die endlich mal alles erledigen können, das schon so lange auf der Strecke geblieben ist.

Wir wollen das alles: Palmen, Sand, Berge, weit weg, zu Hause sein und das Liegen gebliebene erledigen: das Abschalten, Ruhe finden, zum Staunen kommen. Wir haben uns dafür entschieden, knappe vier Wochen durch Kolumbien zu reisen.

Ich wusste es auch nicht: Kolumbien liegt am linken oberen Zipfel von Südamerika, da wo Mittelamerika andockt. Der Äquator und die Anden durchschneiden Kolumbien und es gibt zwei Ozean-Küsten: Eine zum Pazifik und eine zur Karibik. Bis vor 10 Jahren war Kolumbien ein gefährliches Pflaster, das vor allem von Drogengeschäften und Bürgerkriegen dominiert wurde und die Kolumbianer mieden die Landwege, die sich in den meisten Fällen irgendwie über etwas Gebirgiges schlängeln und legten Strecken zwischen den Städten mit dem Flugzeug zurück.

Seit ein paar Jahren geht es steil aufwärts: Sozial-, Bau-, öko- und andere Förderprogramme helfen dem Land aus dem Sumpf. Es wird gebaut und ausgebaut, gesichert, Tunnel werden gegraben und Brücken gebaut.

Das nervige am Reisen ist das Reisen. Nach 12 Stunden, eingeklemmt zwischen zwei Flugzeugsitzen, mit Magenschmerzen von einem Essen aus dem Alucontainer, von 1000 Stundenkilometern über den Wolken, die immer da sind, die immer hell sind, obwohl die Uhr schon nach Mitternacht Münchner Zeit anzeigt. Der ganze Körper ist komisch, so schlapp und gleichzeitig wach, wie nach dem toten Punkt, wie beim nach Sonnenaufgang auf die helle Straße stolpernd, mit dem Vermögen gleichzeitig auf der Stelle einzuschlafen, aber auch noch stundenlang die Sonne ansehen zu können.

Bogota

In Bogota regnet es. Die Ankunftshalle des Flughafens ist mehr Baracke als Halle, draußen ist es Bindfäden-dunkelgrau, wir wechseln ein bisschen Euro-Geld, bekommen es manuell in eine Lade gezählt und mit kleinen Pinguinen gestempelt. Das ist unser Startkapital. Wir kaufen uns eine Taxifahrt ins Zentrum, das Taxi fährt schnell, nein, eher rast es, Anschnallgurte gibt es nicht, aber riesengroße Pfützen, durch die das rasende Fahrzeug pflügt, durch die offenen Fenster weht feuchter Stadtwind herein, vorbei an Beton, viel Beton, aber auch Baracken, Baustellen ohne jegliche Beschilderung. Und das erste große Aufatmen, dieses Auto nicht selbst steuern zu müssen.

Das Hostal, gottseidank schon von München aus reserviert, ist mitten in Bogotas Altstadt La Candelaria, fast ganz oben am Berg, von wo aus ein steiler Felsen aufsteigt und Bogota in seine Grenzen weist. Wir sind auf 3000 Metern und wahnsinnig müde. Es ist aber erst kurz nach 21 Uhr. Im Hostal, das aus zwei kleinen überdachten Innenhöfen besteht, mit Plexiglas überspannt, läuft höllisch laut irgendein Radiosender, und der Regen prasselt auf das Dach. Unser Zimmer ist eine fensterlose knallgelb gestrichene Höhle, und wir fallen hin und schlafen sofort weg.

Unser erster Tag in Kolumbien ist verregnet und wir sind schlapp. Der Erkundungsspaziergang durch La Candelaria endet in einem kurzen Mittagsschlaf, der nach einer noch kürzeren Essenspause in den Nachtschlaf übergeht. Das Bett ist hart, das Kopfkissen genauso, es ist kalt und der Regen prasselt unermüdlich aufs Plexiglas.

Am nächsten Morgen sind wir um 6 Uhr hellwach und bekommen Rührei mit Milchbrötchen-Frühstück von der Hostelmamma serviert. Draußen auf der Straße fühlen wir uns schon sicherer, den richtigen Weg zu nehmen, nicht wie gestern ständig im Kreis bergab und bergan zu laufen, erkennen Gebäude und Straßenecken wieder. Die mit den Schmuckgeschäften, die Straße mit der Uni, ganz nah am Hostal, wir finden ein Kulturzentrum, jede Menge Graffiti, Stadtgeschichte und andere Wege durch die Wirrniss des Vortags.

Dann fahren wir mit einem Bus. In Bogota gibt es keine U-Bahn, sondern ein System aus kleinen Stadtbussen und dem Transmilenio, eine Art überirdischer U-Bahn, mit festen Haltestellen, einer eigenen Fahrspur und einer Art Fahrplan. Durch eine Schrank gelangt man in den von Glaswänden begrenzten Ein- und Aussteigebereich in der Mitte der Straße, der Bus fährt an den Bahnsteig heran, Türen öffnen sich und die Menschen schwemmen aus und in den Bus. Der ist voll und stickig, aber er fährt zuverlässig an den immer verstopften Fahrstreifen vorbei von einer Haltestelle zur nächsten. Wir sind sehr damit beschäftigt unsere Sachen (bei der steten Angst vor dem Beklaut werden) und uns festzuhalten und steigen im Norden von Bogota aus. Hier ist es schicker, geordneter, “posh”, wie ein junger fescher Bogotaner (oder Bogotese?) erklärt, den wir auf der Straße nach dem Weg fragen. Oder versuchen zu fragen, mit ein paar spanischen Wörtern. Satt werden wir dann, und müde und weil es wieder regnet, nehmen wir den Transmilenio zurück, und fallen mit einem Zwischenstopp beim Supermarkt in unser hartes Bett. Eine kolumbianische Casting-Sendung läuft laut und bunt (bunt kann man hören) über den Flachbildschirm direkt neben unserer Zimmertür.

Genug Regen gesehen, genug Felsen und Nebel, uns hat die Backpacker-Krankheit des immer weiter wollens gepackt, wir wollen weg aus Bogota. Und zwar richtig weg. Nicht noch nach Villa de Leyva, einem kleinen Kolonialstädchen wenige Stunden nördlich, nicht noch zum Kratersee, in dem die Legenden um das kolumbianischen Gold begraben liegen, und auch nicht zur Salzkathedrale in Zipaquira.

Ein Taxi bringt uns am frühen Morgen zum Busbahnhof von Bogotá, wir kaufen Tickets und Proviant und klemmen uns zwischen zwei Sitze in einen großen Reisebus, der uns über beide Andenkordilleren in die Zona Cafetera nach Armenia bringen soll. Wir sehen kleine Dörfer auf dem Weg, tiefe Schluchten, hohe Berge, viele Hunde, magere Kühe, Wäsche, die im Bergwind trocknet, Siedlungen mit reichen Häusern mit Swimmingpool im Garten, Raststätten-Baracken, viel Nebel, Regen und Sonne.

Viel muss über diese Berge transportiert werden. Nicht nur Busse mit Menschen, sondern vor allem auch Lebensmittel, Laster mit Früchten, Container (mit der Aufschrift Hamburg Süd), Bauschutt, Tiertransporte schlängeln sich über die kurvigen und engen Bergpässe, an deren Rand es nicht selten steil nach unten geht, nur pro forma durch Plane oder ein Seil abgetrennt vom Abgrund. Wir sehen, wie der Ausbau der Strecke voranschreitet, wie Viadukte gebaut werden, Menschen dort an Betonpfeilern schweben und die Brücke Meter für Meter vorwärts treiben. Gegen ein paar kleine Scheine wechseln acht große Tüten mit weißen T-Shirts aus dem Laderaum unseres Busses auf halber Strecke den Besitzer, der sie sogleich in sein Verkaufswägelchen am Straßenrand einsortiert. Wir werden Zeugen eines Mutter-Tocher-Abschieds-Dramas, und stehen kurz vor Armenia eine Stunde am Hang, wartend, bis die Unfallstelle vor uns geräumt ist.

Als sich nach zehn Stunden Bus die Türen im Busbahnhof von Armenia öffnen, empfängt uns fast tropische Luft, so ungewohnt warm ist es, so trocken und angenehm. wir fahren mit dem Taxi durch volle helle Straßen, voller Menschen mit kurzer Kleidung, so ganz ohne Regenschirm und in Kunststoffkleidung gehüllt, wie es in Bogota das gewohnte Bild war. Unser Hostal, wieder ein Hostal nahe einer Universität, liegt am anderen Ende der Stadt, in einem Einfamilienhaus in einer kleinen Seitenstraße. Wir werden empfangen von einem netten, kleinen, müde aussehenden Mädchen, das uns auf Englisch begrüßt und gleich mit Informationen über die Region, über Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung und Touren rund um Armenia versorgt.

Müde, schon wieder, schon wieder auf der Suche nach einem Restaurant, sehen wir wie auf einer Restaurantterasse Burger zubereitet werden. Die wie so viele Kolumbianer so nette Besitzerin des Restaurants hilft uns beim Verstehen der Speisekarte, versichert uns, dass alle Zutaten frisch sind, empfiehlt uns, den frisch gepressten Saft mit Milch und nicht mit Wasser gemischt zu trinken und drückt uns eine Stadtkarte von Armenia in die Hand. Ja, hier ist man wohl sehr gut aufgehoben.

Im Hostal wundern wir uns über die komische Kuhle in der Mitte des Bettes. Beim draufsetzen kracht es zusammen. Dem müden Mädchen tut das sehr leid und wir ziehen um ins Nachbarzimmer, das zwar kein Bad, aber ein Bett hat.

Am nächsten Morgen steht der Esszimmerbereich des Hostals unter Wasser, so hat es in der Nacht geregnet (uff, schon wieder), und wir frühstücken Brot mit Butter und heißem schwarzem Kaffee aus der Region. Zu dem einen Mädchen kommt ein anderes, sie sind Schwestern, beide erst Mitte zwanzig, und führen das Hostal zusammen mit einem Freund. Sie erzählen, wie sie vor einem guten Jahr das Haus gefunden haben, wie viel Spass es macht, immer wieder neue fremde Menschen zu treffen, auch wenn kaum jemand in Armenia übernachten will, der Anziehungspunkt aller Touristen im Department Quindio sei schließlich das kleine Städchen Salento, eine Stunde nördlich von Armenia. Auch wir wollen an diesem Tag noch nach Salento, nehmen aber erst einmal einen der kleinen roten Stadtbusse ins Zentrum von Armenia, halten unsere Taschen fest, und finden einen Balkon mit Mittagsmenü. Die erste Suppe aus Kochbananen mit Kartoffeln dieses Urlaubs, der sich schon so gewohnt anfühlende Maisfladen, und eines dieser Hühnerbeine, die man immer nur auf Tellern, nie am laufenden Huhn sieht.

Salento

Im Buseta nach Salento sind wir selig, als wären wir auf dem Weg ins Paradies. Was wir da noch nicht wußten: wir sind es tatsächlich.

Wir sitzen in unserem Hostal-Zimmer, das mit den zwei Fenstern am Eck, mit direktem Blick auf das kleine Dorfkrankenhaus, und können nichts als schauen und hören. Mit dem Kinn auf dem Fenstersims, sehen wir die so grünen Hügel, die Dächer der anderen Häuser, Oberleitungen. Wir hören Hundegebell, die Hufe von Pferden auf den Straßen von Salento, Kinder, die Lachen und immer wieder mit ihren kleinen Füßen die ansteigende Straße auf- und ablaufen.

Beim ersten Stadterkundungsspaziergang sind wir erstaunt, wie früh am Nachmittag es noch ist, der Tag war schon so voll mit dem Frühstück mit den Hostal-Schwestern in Armenia, dem Getose in Armenias Innenstadt, der Wärme dort in den Straßen, diese selige Busfahrt und dann das Ankommen, das so ein gutes Gefühl verursacht hat. Dann finden wir Alegra. Also wir finden sie erst nicht, laufen der Legende auf dem Faltblatt nach, das wir bei der Ankunft im Hostal bekommen haben, und sind dann doch da. Alegra Gourmet, das beste Essen der Reise bisher. Draußen unter dem Vordach, unter dem wir sitzen, spricht uns ein schnauzbärtiger Herr an. Er spricht Französisch. Er erzählt vom Ausstieg aus seinem Job als Informatiker in Lausanne und seinem Umzug in die Region Quindio vor ein paar Jahren. Er erzählt von seiner kleinen Kaffeefarm im Nachbarort von Salento, von seiner Farmer-Philosophie und kurze Zeit später haben wir nicht nur Alegras fabelhaften matschigen Schokokuchen sondern auch eine Tasse Espresso aus Bohnen des Lausanners vor uns stehen.

Die nächsten Tage stehen wir bis zu den Knien im Schlamm, gehen an unsere Städter-Grenzen, sprechen mit einem alten Mann, den wir nicht verstehen und tun etwas zum allerersten Mal.

In Salento wacht man früh auf. Draußen auf der Straße klappern Pferdehufe und Autoabgase kommen durchs glaslose Fenster, das nur durch Läden geschlossen wird, herein. Um sechs Uhr kann der Tag beginnen, für uns mit Arepas (gebratene Maisfladen) mit Butter und Käse, und Kakao von der Frau, die gegenüber von unserem Zimmerfenster vor ihrem Haus die Arepas auf ihrem Grill brät (kocht? grillt?). Wir kämpfen uns Arepa-voll nach dem Sonntagsgottesdienst in der Dorfkirche auf den Mirador von Salento, ein wahrer Kreuzweg, viele Stufen hoch, und werden dort oben, immer den Rio Quindio, den wir später noch so vermissen werden, von einem wieder schnauzbärtigen Herren angesprochen. Diesmal ists kein französischer Schweizer, sondern ein in Florida lebender Nordkolumbianer. Er empfiehlt uns für unseren geplanten Luxus-Wellness-Stop eine Finca in der Nähe von Armenia. Dort werden wir eine der nächsten Nächte verbringen. Mit geschnürten Geh-Schuhen weht der Staub hinter uns den Weg zu Don Elias‘ Kaffeeplantage, und als wir nach einer Stunde über Salentos Forstwege dort ankommen, sitzt er schon da, auf seiner Veranda, als hätte er auf nichts anderes als auf uns gewartet. Wir sind Touristen Nummer 7 und 8 des Tages. Er zeigt uns seine Kaffepflanzungen, und die Ananasse, die Bananen, erklärt uns, wie man die verschiedenen Kaffeesorten unterscheidet, wie geernet, geschält, gewaschen und getrocknet wird. Und am Ende mahlt er eine Handvoll der frisch gerösteten Bohnen und brüht sie auf.

Der Rückweg nach Salento ist ein Dauer-Anstieg, es ist warm und staubig und wir haben 250 g mehr im Gepäck – Kaffeebohnen.

Am Abend verschlägt es uns wieder zu Alegra – für den Schokokuchen. Und früh ins Bett, schon mit Vorfreude auf das frühe Aufwachen am nächsten Morgen. Tage in Salento sind toll! Und die Nächte ruhig.

Auf- und Abstieg

Um sieben Uhr stehen wir dann in Gummistiefeln auf dem großen Platz, mit Frühstücks-Empanadas und frisch gepresstem Fruchtsaft. Die Jeeps ins Tal stehen bereit, wir starten zu einer Tageswanderung durch den Dschungel oberhalb des Rio Quindio. Es ist zwar noch früh, aber wir sind schon durchgeschwitzt, es ist dampfig, die Sonne brennt in das Tal (aber erst zwei Wochen später wissen wir, was brennende Sonne wirklich ist), durch das wir laufen und teilweise bis zu den Knöcheln im Matsch stehen. Gottseidank hat es in den letzten Tagen nicht so viel geregnet, sonst wäre dieser Weg ein Sturzbach. Da wollen wir hoch, auf den Berg vor uns, und am Ende der Wanderung die ewig hohen Wachspalmen sehen, das Wahrzeichen Kolumbiens.

Der Weg ist nicht einfach, im Hostal-Flyer steht etwas von „kein Spaziergang“, aber auch nicht „besonders herausfordernd“, wir kämpfen uns hoch, machen Zwischenstation in einem Naturreservat, wo wir Kakao bekommen und von Kolibris umschwirrt werden. Wir kriechen durch Unterholz, können manche Wege nur erahnen, rutschen durch den Matsch und überqueren den immer an unserer Seite rauschenden Rio Quindio mehrere Male auf kleinen Holzbrücken, oft nur über den Fluss gelegte Stämme. Als wir oben ankommen, hängt dicker Nebel im Tal, wir sehen keine zweihundert Meter, es regnet und wir haben den Eindruck, schon lange nicht mehr so einen stabilen Kreislauf und so gut funktionierende Lungen gehabt zu haben. Bergab gehts auf einem langweiligen Forstweg, immer wieder mit Ausblicken ins Tal durch die Baumwipfel und schließlich vorbei an den himmelhohen, schlanken Wachspalmen. Wir quetschen noch zwei Erinnerungsphotos aus dem Kameraakku und sind froh, wieder im Jeep zurück nach Salento zu sitzen. Das war anstrengend, aber auch sehr toll. Genauso wie die Dusche zu Hause und das Abendessen bei Alegra. Und der Restabend in der Hängematte im Hostal, mit Zule und Martin, dem jungen kolumbianischen Ehepaar, das das Hostal mit Engelsgeduld und so einer Liebenswürdigkeit führt, dass wir uns in unserer Hängematte gleich wie zu Hause fühlten.

Der erste Ritt

Am nächsten Morgen holt uns der örtliche Pferdefarmer Don Alvaro mit gesattelten Pferdedamen vom Hostal ab und wir steigen beide zum ersten Mal in unserem Leben auf einen Pferderücken. Er zeigt uns, wie man lenkt, bremst und Gas gibt und schon ist er weg, und wir nichts wie hinterher, auf unseren schwankenden Unterbauten. Noch zwei Engländer an einem anderen Hostal aufgesammelt, aufgestiegen und los. Zuerst durch eine enge schlammige Schlucht bergab, dann über eine Brücke über den Rio Quindio und wieder einen Stolpersteinweg bergauf. In eine grüne, saftige, hügelige Landschaft, über enge Wege am Berghang, über weite Wiesen, durch matschige Felder, durch Gatter und Tunnel, durch die eine vor 80 Jahren geplante und wegen politischer Gründe nicht verwirklichte Eisenbahnstrecke führen sollte. So wie alles in Salento ist auch der Pferderücken nach kurzer Zeit so vertraut, dass wir mit immer mehr Spaß, immer freier, schneller und entspannter da oben saßen, als wäre das das Normalste der Welt. Am Vorabend sagte Martin auf unsere Anmerkung, dass wir nicht reiten könnten noch „doch, das könnt ihr“. Und ja, wir können es. Und kommen vermatscht, verschwitzt, zerzaust und mit patschnassen Schuhen wieder im Hostal an.

Und auch sehr froh. Und in Eile.

Denn: Ein Champions League Viertelfinale wird am deutschen Abend ausgestrahlt, und ist bei uns schon mittags. Genauer gesagt genau jetzt. Schnell den Schmodder aus den Hosenbeinen waschen und in die Bierkneipe von Salento, da wo sich die Jungs Sonntag vormittags noch an ihrem Tisch, vollgestellt mit leeren Bierflaschen, auf den Nachhauseweg vorbereiten. Oder gleich bleiben bis zum Abend. Deeps und Ralph, die beiden Engländer vom Pferd, sitzen schon vor dem Fernseher, der an der Wand hinter dem Billardtisch hängt, und wir werden auf unsere Worte „Somos de Alemania“ mit Jubelschreien begrüßt. Es spielen die Bayern gegen Chelsea, und auch das englische Paar sind Bayern-Bejubler. Als dann ganz kurz vor Schluss das Siegestor für die Bayern fällt, springt die ganze Kneipe auf, leere Flaschen und Tische fliegen auf den Boden, und wir gehen nach Hause, duschen. Und ruhen. Aufregung.

Abends dann eine große feine Mahlzeit, ein riesengroßes zähes Steak (Alegra hat Ruhetag), und dazu mehrere Flaschen Wein, der obwohl weitgereist nicht schlecht schmeckt oder ists unsere Cowboy-Euphorie, die uns das so schmecken lässt. Zwei Engländer, ein Österreicher und eine Münchnerin gehen aus. Es gibt Mojito mit nichts, Mojito mit Maracuja, Mojito mit Mango, Mojito mit Kaffee und dann treffen wir den Pferdemann auf dem Marktplatz und es gibt Bier. Mitternacht wummert es durch Salento. Musik! und Trappeltrappel. Die Dorfjugend kehrt zurück, sie waren ausreiten. Mit Lautsprechern in den Satteltaschen, mit lauten Getöse kehren sie zurück, bestimmt 30 Mann mit Pferd, sie zeigen auf dem Marktplatz kleine Dressurkunststücke, vor sich und vor den anderen, und Don Alvaro, unser Pferdemann, nimmt seine drei Gäule in Empfang und galoppiert mit ihnen davon. Der Papa holt seine Kinder von der Disco ab. Jetzt bringt er sie nach Hause.

Abschied. Adios Salento, noch ein letzter Mangosaft, noch ein letztes Rührei in der Küche, wo man beim Abspülen aus dem Fenster sehen kann, eine Busfahrt, ein bisschen Herumstehen, ein Privattaxi und eine neue Ankunft. Auf der Finca mit dem Swimmingpool im Garten.

Ein kleines Tränchen floß, als wir uns mit dem Bus von Salento hinunter zum Rio Quindio schraubten, ach Rio Quindio, wie habe ich dich lieb gewonnen in den letzten Tagen. Wir waren auf dem Weg zum Busbahnhof in Armenia, mit der Mission, Flugtickets an die Karibikküste zu kaufen und dann irgendwie zur Finca Combia zu gelangen, dem Ort, der den Luxus-Teil des Urlaubs erfüllen sollte.

Am Busbahnhof gerieten wir wohl gleich an den richtigen Herren, denn der erste, den wir nach einem Reisebüro fragten, nahm uns mit, in sein kleines Zimmerchen, in das gerade so ein Schreibtisch passte, und buchte für uns fernmündlich (mit seiner Frau, die zu Hause am Computer saß) unsere Flüge nach Santa Marta. Ja, das hätten wir schon auch selbst gekonnt, hätte diese kolumbianische Fluggesellschaft-Seite kein Problem mit unseren Kreditkarten gehabt. So hielten wir nach ein bisschen mehr Hin und Her als man bei einer Flugbuchung erwartet unsere Tickets in der Hand und wurden vom netten Reisebüro-mit-einem-Schreibtisch-Herrn zu unserer Finca kutschiert, natürlich billiger als das Taxi gewesen wäre und ja sowieso selbstverständlich, weil man kennt sich ja und fährt da sowieso hin und lalala. Er rief dann auch noch ungefähr jeden zweiten Tag an und kümmerte sich ein bisschen um uns gar nicht so verlorene deutsche Menschen.

Finca Combia

So, und da waren wir dann. Eine riesige Anlage, mit Swimmingpool, der tut als würde er am Ende im Nichts enden, mit Wasserfontänen, Menschen, die mit Gartengeräten herumfuhrwerken, langen Wasserschläuchen, die den Pflanzen beim nicht Verdursten helfen, hübsche Stühle und Tischchen unter hübschen Bäumchen, Papageien in der Luft und überall Hemden mit steifem Kragen, die sich um unser Wohl sorgten. Unser erstes Anliegen war ein laufender Fernseher mit einem der Champions League-Spiele, ein gemütlicher Stuhl dazu, ein Kaffee und eines dieser Schoko-irgendwas-Mousse-Törtchen, die umgerechnet sieben Euro kosteten. Aber wie gesagt: der Luxusaufenthalt sollte hier stattfinden. Hier und nirgend anderswo. Also hingen wir da, auf der Veranda, mit Blick ins endlose Tal, in Hängematte und Sessel und dann wieder Hängematte und dann Sofa, stellten fest, dass der kleine Computer mal wieder keinen Strom aufnehmen wollte, und starrten auf die Riesenglotze, die da so an der Wand hing. Danach lagen wir in Hängematte und Liegestuhl, im Poolwasser, das am Rand doch eine Grenze hatte, in der Hängematte und dann wieder im Liegestuhl, bis es kälter war und dunkel und man uns bestimmt sagte, dass sofort um 19 Uhr Abendessen bestellt werden sollte, denn man erwarte eine Gruppe Schülerinnen aus Bogotá, die dann auch noch versorgt werden müssten. Zu diesem Zwecke landeten eine große Ladung Schnitzelteile auf dem Grill und verdörrten sogleich zu pappdeckelähnlichen Klumpen. Blöderweise (unbewußt) war bei meinem Gericht auch eines dieser Klumpen dabei, aber mit einer sehr feinen Soße aus viel Bratenfett und Sättigungsbeilage. Da war ich noch nicht fertig mit dem Essen, da nahm man dem Mann schon den Teller weg und hastenichtgesehen stand man schon wieder und war fertig. Hups. Schnell ging das. Und ja, sie sind sehr freundlich. Und bestimmt.

Wir hatten schon gehört, es gäbe Sauna, und so ein heißes sprudelndes Becken neben dem Pool. Wir beantragten eine Anheizung und vertrieben uns die Zeit bis dahin auf Liegestuhl und Hängematte. Also man kann nicht sagen, wir hätten uns nicht entspannt. Die Sauna war dann leider ein bisschen kalt, und auch sehr eng und ungemütlich. Der Sprudeltopf dafür sehr viel besser, in der heißen Brühe unter dem Sternenhimmel, nur wir und die Mücken und…

… eine Horde pubertärer Mädchen aus Bogotá, die nach ihren Schnitzelchenklumpen auch in das Plantschewasser wollten und zack da saßen sie. Und uuuuuh ist das heiß und uuuuh ist das kalt und hey, woher kommt ihr? Aaah, Deutschland, ja, toll! Wir sind Oberschichtenschülerinnen aus Bogotá und hey, das ist so coool hier das uuuh ist das heiß, das Wasser. Ja. Duschen, Hängematte, Bett. Mittlerweile prasselte der schönste tropische Schauer auf unser Bambusbedecktes Dach, wir lagen da zwischen den beiden Lampen, die gelbe Flecken an die Wand malten, und lauschten dem Wasserschwall. Und fühlten uns dabei ein bisschen wie vor drei Jahren in diesen Motels entlang der amerikanischen Highways, denn drunten im schönen Tal raste der Verkehr über die einzige große Straße der Gegend.

Der nächste Morgen begann mit einem Frühstück dort neben dem Grill und einer Verabredung mit dem Agrarchef der Finca. Mit vierzig Hektar um einiges größer als die von Don Elias, den wir in Salento besucht hatte, ist sie dennoch nur mittelgroß im Vergleich zu anderen Kaffeefincas in Kolumbien. Wir machten einen Spaziergang durch die Kaffeeplantagen, lernten von Ungeziefer und Mitteln dagegen, lernten wie der Kaffee gepflückt wird und was dann mit ihm passiert.


(Kaffeebohnen frisch gepflügt, in Feldarbeiterhänden // fertig getrocknete Kaffeebohnen, wie sie nicht in den Export kommen sondern im Inland verkauft werden, in Schreibtischtäterhänden)

Diese Führung war sehr toll und so sehr am Boden im Gegensatz zu der gastwirtschaftlichen Freundlichkeit auf der Terrasse, die uns schon fast zu viel war, und wir beschlossen uns richtig entschieden zu haben. Denn dieser Tag war ein weiterer Reisetag, wir verließen die Finca nach einem schnellen Mittagessen und der höchsten Rechnung (für eine Nacht) des ganzen Urlaubs und machten uns auf den Weg weiter nach Norden. Manizales war das nächste Ziel, die Stadt auf den sieben Hügeln hinter den sieben Bergen.

Manizales

In Manizales ist nichts eben. Die Stadt steht auf Hügeln und noch mehr Hügeln, und unser Hostel liegt an einer sehr schrägen Straße. Wir laufen rum, bergauf und bergab, es ist Donnerstag Abend und die Hölle los auf der Straße. Aus jeder der offenen Fassaden wummert laute Musik, viele junge Menschen sitzen auf und an der STraße, Verkehr braust, auf dem Platz vor dem Gebäude der Uni (einer der Unis, hier ist eine neben der anderen) geht es zu wie bei einem Festival vor der Hauptbühne (naja, Nebenbühne zehn Minuten vor dem Konzert). Da Manizales nicht gerade sehr wegsames Gelände ist, schon garnicht zum Transport schwerer Dinge, gab es in der Stadt ein großes Seilbahnnetz, um Menschen und Güter hin und her zu bewegen. Eine der ehemaligen Seilbahnstationen, ein schwedisches Holzhaus, niedrig und sehr hübsch, ist eben diese Uni, irgendwas mit Kunst, denn viele der Menschen dort auf dem Platz haben große Mappen oder irgendwelche Modelle dabei. Wir haben nur Hunger, finden was, und sind aber so müde und überrollt von den Tagen zuvor und diesem Getöse dort auf der Straße, dass wir schneller zzzzZZZ als gewollt. Gute Nacht.

Freitags scheint die Sonne ins Zimmer, im Halbschlaf kommt der Gedanke, jetzt rausgehen zu müssen, denn der Reiseführer weiß, dass es in Manizales eigentlich nie klare Sicht hat. Außer jetzt. Aber jetzt liegen wir und nein, wir können nicht aufstehen. Wir können später aufstehen, langsam frühstücken, den Bus finden, der über die Hügel ans andere Ende der Stadt fährt, wo ein Aussichtspunkt sein soll. Den finden wir auch, den Punkt, aber die Aussicht ist verloren gegangen. Man sieht bis zur anderen Straßenseite, deswegen machen wir Fotos von unserer Straßenseite, einem Ufo, was auf der Kreuzung steht, schauen ein bisschen dahin, wo das Tal mit den Wäldern sein könnte, und machen uns in der Innenstadt auf die Suche nach einem neuen Netzteil für unseren kleinen Computer. Der lädt nicht mehr und das ist schlecht für Reisetagebuchschreibeifrige.

Auch tagsüber tost es und hupt und es ist keine laute Musik, aber dafür Geschrei und menschliches Getöse, das aus den Fassaden dringt. Nach „Verhandeln“, gehen, weitersuchen, wiederkommen, kaufen und dann keine Lust auf die Stadt mehr haben stehen wir vor einer – so wenig naheliegend ists ja nicht in der Stadt der tausend Seilbahnpfeiler – Seilbahnstation. Aber nicht so einer, wie da am Vorabend, wo die Kunststudenten stehen, nein, sondern eine echte. Eine Moderne aus Beton und Glas. Bei der Ankunft in Manizales haben wir schon Gondeln schweben sehen, und hier ist es, wo sie abfahren. Sowieso nicht so genau wissend, wie der Tag verlaufen soll, steigen wir da mal ein. Die Linie hat drei Stationen, die des Einstiegs, eine Mittelstation und das Ende am Busbahnhof. Wir wollen runter, umdrehen und wieder rauf. Unmittelbar nach der Mittelstation fängt es an zu schütten, wie aus heiterem Himmel. Also so heiter, wie der Himmel eben war, dort im Nebelkrater. Wir findens noch ganz lustig, wie der Regen so auf die Gondel prasselt, bis es blitzt, laut knallt und dann: Stillstand. Das ist ein blitzschnelles ausgewachsenes Gewitter, und aus den Lautsprechern der Gondel spricht der Blitzgott zu uns. Wir verstehen das Spanisch nicht und es schaukelt und blitzt und prasselt und knallt und schwankt und mir wird schlecht und sehr bang. Frei schwebend im Unwetter, das nie wieder enden wird.

Der restliche Tag brachte einen Mittagsschlaf, der bis zum Dunkelwerden dauerte, und dann das beste flüssige Schokoladengetränk der Welt. Aber nicht vergleichbar mit Alegra in Salento! Keineswegs!

Medellin

So im Heißschokoladen-Zuckerkoma traten wir den großen Ritt an, mit Ziel Medellin. Der kleine Bus war schnell, aber auch schamlos. Wir, ganz hinten drin eingezwickt. Für Beine ist da sowieso immer recht wenig Platz, in diesen halben Bussen, und wir beide sind ja ganz gut ausgestattet mit Beinen. Und Gepäck und nicht allzu großer Freude an Busritten. Rumelgepumpel und viele viele Schlaglöcher später erwachen wir aus dem erzwungenen Fahr-Koma und sehen Sonne und schon wieder: viele viele Menschen. Und Autos. Und auch wieder: Seilbahn. Medellin hat eine tolle Metro, die überirdisch fährt, und, weil die Stadt ein ganzes Tal verstopft, Seilbahnen auf die umliegenden Hügel, wo die Menschen leben, die sich die Ebene nicht leisten können. Mir ist schlecht vom halben Bus, und ich mag jetzt gerne schnelle schlimme Kohlenhydrate. Kein Problem, denn oh welch ein Zufall, um die Ecke des langweiligen Hostels, das wir gebucht haben, weil unser Favorit laut Manizales Hostel-Mensch total voll war (auch wenn er sicherlich nicht angerufen hat, trotz hoch und heiligem Versprechen) reiht sich ein stinkender Burgerladen neben den nächsten. Wir nehmen den mit dem Schatten davor und schlucken die Fahrt mit den Pommes runter. Dann spazieren wir rum, verdauen das Fett und fahren ein bisschen mit der oberirdischen U-Bahn, mit einer Seilbahn hoch, runter und das ohne Gewitter. Nichtmal ein bisschen Wind. Man sieht viel und weiß nicht wie man das finden soll. An diesen Hügeln quetschen sich Hütten und Verschläge aus Holz, Blech, Pappe neben- und aufeinander, mit Betonflächen dazwischen, auf denen Kinder Ballspielen. In der Nähe der Bergstation des Metrocable wurde vor ein paar Jahren die Biblioteca Espana fertig gestellt, nicht nur Bibliothek, sondern auch Treffpunkt, Sammelplatz, Internetcafe und Beschäftigungsort für die Menschen dort in der armen Gegend. Friedlich ist es hier, gesellig, bunt und auch laut, aber anders laut, menschlicher laut als an den Orten, wo das Geld lockt und bleibt. Und der Ausblick auf das Tal, das ein letztes Mal an dem Tag von der gerade untergehenden Sonne berührt wird, ist atemberaubend weit und gewaltig. So eine gewaltige Stadt. Wie ein Ozean.

Unsere vier Tage in Medellin sind geprägt von fortbewegen. Hauptsächlich mit Metro und Metrocable, einfach nur sehend, was passiert. Einen Zwischenstopp im großen Fußballstadion machen wir, und sehen ein ereignisloses Spiel zwischen dem Medelliner und dem Bogotaer Club. Mit einer Medelliner Fan-Meute, deren Schlachtengesänge von Trommeln begleitet werden, die uns mitwippen lassen in ihrem Takt und ein eigenes Schauspiel für die Ohren geben. Wir essen unsere erste gesalzene Mango dieser Reise, nuckeln Wasser aus diesen kleinen Kunststofftüten, die es hier überall gibt und die zwar Abfall sparen, dafür aber immer ein bisschen nach Plastiksack und Schwimmbad schmecken. Danach fahren wir wieder, hin und her und hoch und runter, über Hügel drüber, an deren Rückseite noch ärmere Verschläge lehnen, ohne Fenster, ohne befestigte Wege dorthin, und dazwischen magere Kühe, deren Hüftknochen in die Luft staken. Das ist schon ein Anblick, den man nicht so kennt, so als Mitteleuropäer, der behütet und betätschelt in seiner Zwei-Zimmer-Stadtwohnung als niedrigsten Standard die Sozialghettos kennt, die aber Fenster, Dach und geteerte Zufahrtswege haben. Für diese Menschen hier, auf der Rückseite des Hügels, die aus dieser Seilbahn keinen Nutzen ziehen können, die für sie unerreichbar ist mit ihrer Haltestelle dort drüben auf der nächsten Erhebung, und die ihre Güter bergauf und bergab schleppen über die schmalen steinigen Trampelpfade, wäre das das Paradies. Gleich neben der Endstation ragt ein Neubauviertel in den Himmel, Wohnblocks mit Aussicht.

So ist das dann nämlich, das ist städtische Aufwertung. Hier holt das Metrocable das Geld in die Slums, und es schwebt darüber hinweg, und schaut auf dieses Schauspiel dort unten, mit dem es nie etwas zu tun haben wird, denn es ist eine andere Welt in dieser einen Stadt. Neben dem Metrocable, das schon seit einem knappen Jahrzehnt über die Slums schwebt, wird in Medellin gerade ein weiteres Erschließungsprojekt fertig. In der Communa 13, einem der ärmsten Viertel der Welt, entsteht die längste Rolltreppe der Welt. Wir schauen uns das an, wir Glotz-Touristen. Hinauf auf den steilen Hügel, an dem wieder Haus neben Haus und Hütte neben Hütte kleben, wir eine Schneise betoniert, eine überdachte Rolltreppe mit akkuraten Treppen nebenher. Denn Rollen kann man nur drei Stunden am Tag, die restliche Zeit muss aufgestiegen werden, so wie die Bauarbeiter, die fast schon in Kolonnen Eimer voller Schutt dort hinauf schleppen. Uns ist schon heiß, und es ist staubig und dampfig, doch was wir tragen müssen, ist Wasserflasche und Kamera. Das ist alles. Wir bekommen wieder einmal ein Gefühl dafür, wie sehr sich der Puls dieses Landes von unserem unterscheidet.

Am letzten Tag in Medellin werden wir morgens von unserem Hostel abgeholt. Wir sind mittlerweile umgezogen, dorthin wo angeblich alles voll war, in ein zwar winziges Zimmer, dafür aber mit Fensterfront über die ganze Breite und Ausblick aus dem Bett auf eine grüne Front. Über uns ist die Dachterrasse mit einem kleinen Pool, unter uns eine Ebene mit Hängematten, darunter mehrere Räume, verschachtelt mit Sitzgelegenheiten, Bar und Billardtisch. Dieses Hostel ist wie die Stadt, auf vielen Ebenen, mit Begegnungsorten überall, nur ganz ruhig, gemütlich und ein gutes Zuhause auf Zeit. Dort vor der Bambustüre, zu der man durch einen kleinen überdachten Garten geht, wartet ein alter Schulbus für kurzbeinige, und wir starten zu einer Tour durch die Stadt. Das Thema ist Pablo Escobar, der größte Drogenboss, den es jemals gab, und der mit seinem Kartell in den 80ern das ganze Land beherrscht und lahmgelegt hat, bis er Anfang der 90er endlich in seinem Versteck aufgespürt und geschlagen werden konnte. Wir fahren Orte ab, an denen er wohnte, riesengroße Häuser, Paläste, immer in weißer Farbe, wie das Koks, das ihm diesen immensen Reichtum, aber dann auch lange Gefangenschaft und Flucht brachte. Die beiden jungen sympathischen, er der Fahrer des Busses, sie die mit dem Mikro, englisch sprechend, erzählen von diesem Menschen, seinem Einfluss, den Folgen des Drogengeschäfts, die immer noch immens im ganzen Land zu spüren sind. Wir sind schwer beeindruckt, auch von dieser Entrepeneur-Idee, Touristen auf diese Art und Weise so wichtige Aspekte der Stadt zu zeigen und nebenbei klar zu machen, wie es in Kolumbien unter der freundlichen sonnigen Fassade brodelt und schäumt.


(eines der 500 Häuser, die Pablo Escobar in Medellin bauen lies. Hier sein Privathäuschen, weiß wie der Schnee für die Nase.)

Der Nachmittag beginnt mit Fußball, einem wieder kaputten Computernetzteil und einem sehr späten Mittagessen mit der kolumbianischen Idee eines Rinderbratens. Wir sind faul und ja im Urlaub, schauen von der Hostelterasse dem Regen zu und machen sehr wenig und vor allem nichts, das im Reiseführer empfohlen wird.

In Medellin haben wir eine Horde lustiger Menschen getroffen. Am ersten Abend Sergio, der kleine springlebendige Aktivist, der unser trockenes Brot wegknabberte als wäre es Schokokuchen und uns davon erzählte, wir gut es reichen Leuten oder Kindern aus reichen Familien in Kolumbien gehen kann. Er zeigte uns die vielen Papiere aus seinem Rucksack, erzählte uns von dem, war in seinem Kopf umhergeistert, von seiner Arbeit, an der er gerade für die Uni sitzt, und es wurde ein vergeistigter Abend, mit viel Spanisch in einer wieder anderen Welt als die in den hohen Häusern in der Innenstadt und die in den Verschlägen am Hang. Oder dann die Schweizer im Hostel, und Birgit aus München, die von der fünftägigen Überfahrt mit dem Katamaran aus Panama erzählten, und den vielen Inseln, die der eine Schweizer in den letzten Monaten seiner Reise gesehen hat.

Taganga

Als wir in Santa Marta aus dem Flughafengebäude kommen, schlägt uns ein Hitzebrett entgegen. Es ist heiß, heiß, heiß und feucht. Hier ist die Landschaft nicht mehr grellgrün, sondern karg und bräunlich, ausgetrocknet und flimmernd. Wir teilen uns ein Taxi mit Charles aus Paris und Paul aus Toronto, die mit demselben Flugzeug wie wir aus Medellin kamen, und haben es wieder eilig, dann das Halbfinale Bayern-Real hat schon begonnen. In Taganga, einem kleinen Fischerort ein paar Kilometer neben Santa Marta, landen wir im Hostal Casa de Felipe, einer Anlage am Ende der Straße, mit Bäumen, Terrassen, Hängematten, einer großen offenen Küche und dem Fernsehraum, in dem vor der riesigen flachen Glotze schon matte Backpacker liegen. Wir schwitzen, trinken, schwitzen und finden, mal wieder gute Arbeit geleistet zu haben bei der Wahl der Unterkunft. Das Hostal wird von einem Franzosen geführt, und ein französischer Koch kocht mittags und abends eine kleine Auswahl an Gerichten, die wir jeden Tag und Abend in Taganga genießen. Wir sind mittlerweile sehr wählerisch, was das Essen anbelangt, schlemmen und haben Ansprüche. Die hier anstandslos erfüllt werden. Königliches speisen, mit kleiner Suppe vor dem Hauptgang, einem frischen Fruchtsaft und ein kaltes Bier, und der Hoffnung, dass ab und zu eine Windbrise vorbeikommt und den Schweiß, der ständig fließt, hier, wo es nachts kaum unter dreißig Grad hat und die Luftfeuchtigkeit bei 70% liegt, kurzzeitig trocknet. Völlig erschlagen von der Hitze verschlafe ich den Abend und den nächsten Tag verbringen wir im Garten bzw. dem Sitzbereich des Restaurants, immer nach Baumschatten suchend, zwischen Liegestuhl und Hängematte.

Tayrona Nationalpark

Charles, Paul, wir zwei und ein Hawaianer, Douglas, treffen sich am nächsten Morgen zu einem Ausflug. Wir haben Badesachen dabei, Wanderschuhe, jede Menge von diesem Trinkwasser in Plastiktüten, Sonnencreme und gehen zum Hafen. Ein rasendes Boot, das teilweise mehr über die Wellen fliegt als sie durchpflügt, bringt uns die Küste des Tayrona-Nationalparks entlang an einen Sandstrand mit Palmen und Postkarten-Kostüm. Hier im Park kann man in Hängematten übernachten, wandern, unter Palmen wandeln, schnorcheln und vor allem: faul sein. Es ist viel zu heiß und schwül, um sich zu bewegen, wir verbringen den Tag, salzig und sandig, immer mit einem Brennen auf Haut und in den Augen, dort am Ufer, und die Nacht in unseren Hängematten, mehr wach als schlafend, denn die Mosquitos rauben uns die Ruhe.

Ich wache nach einem kurzen sehr tiefen Frühmorgensschlaf von lautem Hahnengeschrei auf. Das Mistvieh scharrt unter meiner Hängematte und plärrt. Mein Gesicht ist ein Streuselkuchen, aber nicht von Stechtieren, sondern von den Flöhen, die scheinbar in der Matte wohnen. Mieses Erwachen. Und diese Hitze. Alles ist salzig, der Sand knirscht und wir kleben und beschließen, nicht noch eine Nacht zu bleiben. Von der Hitze träge, liegen wir den halben Tag im Schatten, möglichst bewegungslos, den jedes kleine Rühren treibt den Schweiß noch mehr aus den Poren. Das Wasser in den Plastikschläuchen hat mittlerweile fast Lufttemperatur.

Wir treten den Heimweg an, gute zwei Stunden durch den Wald, über weiche Sandstrände, die zwar wunderschön, aber fast unmöglich zu begehen sind, jeder Schritt fühlt sich an wie einer vorwärts und gleichzeitig drei rückwärts, die Sonne brennt vom Himmel. Ach, wir Städter. Am Ende des Weges müssen wir über einen kleinen Berg, schleppen uns da hoch, und kommen an dem Ort an, an dem der Shuttlebus zum Parkausgang fährt. Wenn er führe. Uns wird ein privater Transport versprochen, daher kommt eine Schrottlaube, bei der die Türen von innen zugehalten werden müssen, weil sie von selbst nicht mehr schließen. Der Fahrer weigert sich loszufahren, bevor er zwei weitere Mitfahrer gefunden hat, wir warten, wollen da alles hier nicht, und steigen nach 90 Minuten in den öffentlichen Bus, der dann auch endlich voll ist und abfahren kann. Es ist schon längst dunkel, als wir wieder im Casa de Felipe ankommen. Zivilisation. Dusche. Gutes Essen. Sonnenbrand und Mosquitobiss-Cremen. Ach, wir Städter-Touristen. Aber das ist ein Urlaub, kein Überwindungscamp. Wir genehmigen uns einen weiteren Tag Faulsein im Hostel, am Abend kommen Charles, Paul und Douglas aus dem Park zurück, die die zweite Nacht in Hängematten verbracht haben, die im Wind hingen und somit so gut wie Moskitofrei waren. Wir feiern die glückliche Rückkehr aller aus dem Dschungel, erzählen uns von weiten, sandigen, heißen Stränden, dem wilden Meer, das gegen die Felsen am Ufer donnert, den kleinen blauen Krabben, die den Park untertunneln und essen dazu unser Filet Mignon, französisch. Wir beschließen, am nächsten Morgen gemeinsam nach Cartagena weiterzufahren.

Cartagena

Dort ist es noch mehr heiß. Die anderen mieten sich im Partyhostel mit Pool ein, wir ums Eck in einem Familiengeführten, aber stinklangweiligen Haus. Der Nachmittag in der Innenstadt, die sich für die Touristen, die von Monat zu Monat mehr werden, herausgeputzt und mit Polizei an jeder Ecke ausgestattet hat, lässt uns staunen. So schön ist es hier, so anders als in den anderen Städten, die wir bisher gesehen haben, und neben der Hitze auch immer windig, dort am Hafen beginnt das offene Meer. Abends feiert das Partyhostel, wir gehen da auch mit rein, und finden auf der anderen Straßenseite ein kleines Hotel mit Mangobaum im Innenhof und einem Zimmerchen mit weißem Bett und großem Bad. Dahin werden wir umziehen, übermorgen.

Playa Blanca

Denn wir wollen es nochmal probieren, das mit der Nacht am Strand. In alter Besetzung steigen wir wieder in ein Boot, wieder ein schnelles fliegendes, und kommen dort an, wovon alle Backpacker in schillernden Farben erzählen. Die Playa Blanca liegt eine Fischerboot-Stunde südlich von Cartagena, hier ist der Sand weich und weiß, nicht so körnig und klebrig wie im Tayrona-Park, und das Meer schwappt gemütlich türkis. Am Strand unter den reetgedeckten Unterständen kann man übernachten, die Zeit ist leer, mit Nichtstun, Wasser trinken, Baden, wieder trinken, lesen, schlafen. Abends wird für uns gekocht, Fisch mit Pommes, oder Reis mit Huhn, mit Süßwasser vom Festland. Hier lebt man minimal, aber hier stört es uns nicht, der Strand, dieses Schwappen, dieses wohlige Flirren in der Luft machen den Ort zum Paradies. Abends, als es dunkel ist und der Generator die funzelige Glühbirne zum leuchten bringt, wir beschäftigen uns mit Kartenspielen und Bier, kommen drei deutsche Mädchen Anfang zwanzig unter unser Dach, sie knüpfen Freundschaftsbänder und erzählen uns, wie sie durch den Verkauf ihrer Bändchen in Städten und an Stränden sich seit Monaten die Reise finanzieren. Die essen kein Filet Mignon, schlafen nicht in Privatzimmern mit eigenem Bad, und werden von uns dekadenten Touristen schwer bewundert. So viel Freude über ein spendiertes Bier, und wir kaufen ihnen Armbänder ab und gehen bei Vollmond baden. Das Meer fühlt sich immer noch türkis an, auch in der Dunkelheit.

Am nächsten Morgen ist es, kaum ist die Sonne am Himmel, heiß. Unser Wasser ist fast leer, das Geld auch. Wir alle haben zu wenig dabei, und verbringen den Vormittag damit, wie wir unsere Schulden für Huhn mit Reis und Fisch bezahlen könnten. Nach bezahlen der Rückfahrt am Nachmittag bleibt uns definitiv zu wenig Geld, und in allerletzer Minute bietet uns Lisa aus Hamburg einen Teil ihrer Geldreserven an. Das Boot zurück ist noch schneller als alle anderen jemals zuvor, wir springen über das Wasser, setzen dann im neuen Hotel das ganze Bad unter Wasser und finden mal wieder ein feines Restaurant in dekadenter Touristen-Preisklasse. Paul fliegt am nächsten Tag nach Kanada zurück und deswegen und nicht nur deswegen feiern wir abends ein kleines Abschiedsfest auf der Dachterrasse des Partyhostels, bis dort die Musik ausgemacht wird und schnurstracks Menschen mit Besen Berge aus Plastikbechern und leeren Zigarettenschachteln anhäufen. Wir beobachten das Treiben auf der Straße, eine dieser Straßen, auf denen immer Menschen sind, aus den Türen und Fenster der Lokale quellen, deren Türen und Fenster immer weit offen stehen, beobachten die vielen Polizisten, die jede kleinste Unruhe sofort unterbinden, glauben einen Drogendeal zu sehen, sehen aber dann den potentiellen Käufer nicht mehr. Ein Kolumbianer, der lange in Kanada gelebt hat, erzählt uns davon, wie sehr in Cartagenas Innenstadt, dem größten Touristenort Kolumbiens, wo die Mieten in der Innenstadt fast so hoch sind wie die in München in der Nähe des Mittleren Rings, ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermittelt wird. Durch extrem hohe Präsenz von Polizei und Militär. Wie aber in den Randgebieten, wo die Menschen dicht aufeinander leben, der Schutz fehlt und es dort ständig zu kleinen Bürgerkriegen kommt. Dort, wo wir Reisende nicht hinsehen. Er erzählt auch, wie bestechlich diese scheinbar unberührbaren Obrigkeiten sind, wie sehr eins sie mit Guerilla und Farque sind, und wie das Land vom Drogenhandel vergiftet und regiert ist.

Wir schlafen weit in den vorletzten Tag unserer Reise hinein. Nachmittags schlendern wir durch diese beschützten Straßen, entlang eines Pfades, den die Touristenstadtkarte vorgibt, sehen wieder diese wunderschönen Häuser, bunt, bepflanzt, idyllisch. Postkartenreif. Und Fassade für ein ganzes Land, hinter der die scheußlichsten stinkenden Kammern miese Dinge ausspucken. Abends gibt es Pizza, in der ciudad movil, einem Haus, in dem sich Leute treffen, die aus aller Welt nach Cartagena gezogen sind. Dort gibt es eine Bibliothek, Sofas, eine Art Turnhalle, in der man Tanz und Akrobatik lernen kann und wo am Wochenende Disco ist, mit bunten Lichtern aus den Ecken. Hintendran einen Garten, in dem Pizza auf großen Holzbrettern serviert wird. So gute Pizza, die so träge macht. Und Mosquitos, die das dort lange sitzen verleiden. Wir streunen noch ein bisschen durch die Gegend, überschwemmen unser Bad und sind sowieso schon wieder wahnsinnig müde.

Der letzte Tag, der letzte Ausflug. Fünfzig Kilometer östlich von Cartagena lassen wir uns zu einem Schlammkrater kutschieren. Diese lustigen Vulkane sind dort irgendwann aus dem Boden gewachsen, und sind angefüllt mit zähem braunem Schlamm, in den man sich hineinlegen kann, der einen trägt wie das Salz im toten Meer, wie eine unsichtbare Ebene, auf der man sitzt oder liegt. Man reibt sich ein, kann sich massieren lassen mit dem Schlamm, gibt acht, nichts davon in die Augen zu bekommen, denn die Hände sind wie der ganze restliche Körper mit dieser Masse überzogen, und ist einmal Schlamm in den Augen, hat man keine Chance, sich selbst davon zu befreien. Nach dem Schlammbad ziehen Kolonnen brauner Gestalten zum Süßwasserteich ein paar Schritte weiter, sich die braune Brühe abzuwaschen. Soweit das geht, in einem eigentlich klaren Wasser, das aber ebenfalls schlammgetränkt ist. Aus der Dusche tröpfelt es immerhin, für die groben übrigen braunen Flecken, und die Reisegruppe „Schlammvulkan“ reist ab zum Mittagessen, im Preis inbegriffen. Wir kommen an einem Strand an, der uns schwarz-weiß und düster ansieht. Es zieht ein Gewitter auf und wird richtig kalt, es ist windig und grau. Und so schön. Die Augen glauben sich zu täuschen, aber nein, hier kann es grell in allen unbekannten Nuancen leuchten und dann wieder so unfarbig sein wie man selten gesehen hat. Am Nachmittag macht sich Aufbruchstimmung breit. Rucksack packen, einchecken, nostalgisch werden. Und eine nette Begegnung mit einem Restaurantbesitzer, dessen Eltern in Tschechien leben. Österreich-Erinnerungen.

Wir haben Bauchweh und gehen früh ins Bett.

Die Heimreise ist lang und langweilig. Mit dem Bus von Cartagena nach Barranquilla, zwei Stunden, mit dem Flugzeug früher als erwartet und sehr schnell nach Bogota, eine Stunde. Sieben Stunden Flughafen, Nudeln und Crepe mit Nutella, und ein verschlafener Heimflug. In Frankfurt zeigt die Armbanduhr neun Uhr morgens, es ist nachmittags um vier. Abschied und jeder geht seiner Wege. Erinnerungen bleiben, viele Bilder und dieser Text.

Das ist das Ende der Reise. Wir sind jetzt seit vier Wochen wieder in Deutschland, der Alltag hat seine schleimigen Finger wieder ausgestreckt und ab und zu schauen wir eines dieser Sehnsuchts-Bilder an. Aus Salento, wo wir mit den Pferden durch den Rio Quindio geritten sind, oder der Strand im Tayrona Nationalpark, und fühlen noch ein bisschen diesen heißen Wind auf der Haut.

 

WO WIR SCHLIEFEN UND UNS DIE BÄUCHE VOLLSCHLUGEN

 BOGOTA

Von Deutschland aus hatten wir irgendein Hostel in der Altstadt La Candelaria gebucht. Das Hostal Colonial La Quinta liegt nur ein paar Schritte vom Chorro de Quevedo entfernt, dem Hauptplatz der Altstadt, auf dem im 16. Jahrhundert die Stadt gegründet wurde. Hier kann man bei Rosita Schokokuchen essen und abends im El Gato Gris Bier trinken und sich heimelig fühlen.

Das Hostal war ein guter Ausgangspunkt für Altstadt-Spaziergänge, aber auch runter zur Calle La Septima, wo der Transmillenio fährt, hatten wirs nicht weit.

Wir hatten ein privates Doppelzimmer mit Bad auf dem Flur, Frühstück (Rührei, Zucker-Semmel, Butter, Marmelade und Kaffee) war dabei, 55.000 PES/Nacht

ARMENIA

Blind online gebucht und Glückstreffer: Das erste und einzige Hostel in Armenia  – Casa Quimbaya – wird von zwei Schwestern (22 und 26) geführt. Es liegt außerhalb der Innenstadt in einem ruhigen Wohnhaus, aber nah zu einem Stadtrandzentrum mit Einkaufszentrum, Restaurants und Läden. Die Zimmer sind spärlich eingerichtet, zweckmäßig, dafür sind die Mädchen umso liebevoller. Wir haben zum Frühstück (das im Preis inbegriffen war) lange gequatscht (sie können nämlich Englisch!). Doppelzimmer mit eigenem Bad, 60.000 PES/Nacht.

Da wir uns am Morgen auf den Weg nach Salento machten, war die Anfangs blöd erscheinende Randlage des Hostels perfekt: Gleich ums Eck hält der Bus nach Salento, man spart sich das Gedränge am Busbahnhof und knapp 30 Minuten Busfahrt.

 SALENTO

Martin und Zule sind ein Anfang 30-jähriges kolumbianisches Ehepaar und die besten Hosteleltern, die man sich vorstellen kann. Sie führen das Hostel Tralala, gleich ums Eck vom Salentoer Hauptplatz, wo der Bus seine Endstation hat. Als wir im Tralala ankamen, bekamen wir als erstes ein Faltblatt mit „Stadt“plan und Vorschlägen für Ausflüge in die Hand gedrückt und das schönste Zimmer der Welt neben der schönsten Küche der Welt im schönsten Gebäude der Welt. Wirklich. Wir hatten das Eckzimmer neben der großen Gemeinschaftsküche im 1. Stock, mit Hängematte vor der Tür, zwei großen orangenen Fenstern, einem eigenen Bad und dem gemütlichsten Bett der Welt. Deswegen sind wir auch vier Nächte geblieben. Im Tralala kann man einiges sehr gut: In Hängematten liegen, Wäsche sehr liebevoll gewaschen bekommen, Kochen und dabei aus dem Fenster schauen, Gummistiefel ausleihen und immer immer immer nett und freundlich von Martin und Zule unterhalten werden. 70.000 PES/Nacht.

Unschlagbares Abendessen gibt es bei Alegra. Nicht ganz so billig, aber ein absoluter Gaumenschmaus. Wo Alegras kleines Restaurant ist, steht im Tralala-Faltblatt bzw. es ist eigentlich ganz einfach: Von der Hauptstraße rechts und dann dahin, wo diese Drahtfigur im Gras steht. Die Servietten werden mit einer kleinen Zange auf den Tisch gelegt. Fast schon meditativ.

 FINCA COMBIA

Für ein bisschen Dekadenz haben wir eine Nacht auf einer echten Kaffeefinca übernachtet. Mit Swimmingpool, so einem heißen Sprudeltopf, eigener Sauna und wieder: die Hängematte vor der Tür. Leider waren die Kellner ein bisschen zu nett und zu aufdringlich und zu schnell im abkassieren, die Sauna zu kalt und unbequem und die Schließfächer zu modrig. Unser Luxus sieht wohl anders aus: schlicht, dafür aber liebevoll. Preis vergessen, um die 100.000-120.000 PES/Nacht.

MANIZALES

In einer Straße nahe beim Zentrum der Zona Rosa von Manizales gibt es zwei Hostels, die zusammengehören: das Mountain House und das Manizales Hostel. Wir waren im Manizales Hostel, in einem privaten Doppelzimmer mit eigenem Bad. Das Hostel ist in einem Einfamilienhaus untergebracht, das ein bisschen arg kühl und steril eingerichtet ist. Für zwei Nächte wars aber in Ordnung, und man konnte auch rüber ins Mountain House (drei Häuser weiter) und sich da im Garten in die Hängematten legen.  60.000 PES/Nacht (ohne Frühstück)

wie hieß das restaurant mit der flüssigen schokolade

MEDELLIN

Weil das Hostel Casa Kiwi angeblich ausgebucht war, landeten wir im Black Sheep Hostel, das war nah an der S-Bahn liegt aber voller nordamerikanischer Mädchen steckte. Unser riesiges Doppelzimmer mit eigenem Bad war prima, aber der Rest des Hostels eher langweilig. (75.000 PES/Nacht). Deswegen zogen wir nach zwei Nächten dann doch ins Casa Kiwi um, oben in die Zona Rosa. Das Kiwi ist ein Hostel wie man es braucht als streunender Mensch. Mehrere Ebenen mit Stühlen, Tischen, Hängematten, Sofas. Billardtisch, offene Küche, großer Esstisch. Feines Frühstück für 5.000 PES. 70.000 PES/Nacht im kleinen aber tollen Doppelzimmer mit eigenem Bad. Richtig viel konnte man nicht am Fußende des Bettes hinschlampen, dafür aber aus dem Bett aus der Fensterfront über die ganze Breite den Tropenbäumen draußen beim Schwanken zusehen. kleiner Pool auf dem Dach. Prima!

 TAGANGA

Wir wollten einen guten Ausgangspunkt für einen Ausflug in den Parque de Tayrona, nach Medellin nicht wieder in eine Stadt und erstmal einen guten Ort, um sich an die Hitze an der Karibikküste da oben zu gewöhnen. Wir fuhren nach Taganga ins Hostal Casa de Felipe. Ein Franzose führt das Hostel, ein Franzose kocht. Man konnte da im Garten oder auf der Terrasse oder auf der Dachterrasse oder auf der anderen Terrasse sitzen, vor der Sonne fliehen, in der Hängematte hängen und darauf warten, dass der französische Koch das Mittag- oder Abendessen vorbeibringt. Mensch das war eine Gaumenwonne! Das Filet Mignon! Und das Müslifrühstück! Hach. Wir hatten ein großes Doppelzimmer mit eigenem Bad und Balkon mit Hängematte. 75.000 PES/Nacht inkl. Frühstück.

 PARQUE DE TAYRONA

Puh. In Hängematten ohne Mosquitonetz, auf einem nicht allzu schönen Campingplatz, dafür am Strand (mit Fußsohlenmassagesand): Cabo San Juan de la Guía. Meine Hängematte hatte Bed Bugs und ich am nächsten Morgen ein Streuselkuchengesicht. Uns war das zu blöd da mit den Mosquitos und der ollen Hitze, also blieben wir nur eine Nacht. Die kostete 20.000 PES. Die kochten da auch, am Campingplatz. Nudeln, die nach Chlor schmecken. Aber sonst ist der toll, der Park!

 CARTAGENA

Die erste Nacht verbrachten wir in einem kleinen, familiengeführten, aber unpersönlichen und nicht erwähnenswerten Hostel. Wir wollten nicht in die große Partybude Media Luna, haben aber dann direkt gegenüber ein kleines Paradieschen gefunden: Hostal Baluarte. Mit Innenhof mit Mangobaum und einem kleinen Zimmerchen mit durchaus nicht unbequemem großem Bett und einem Bad, das auch bei kleinem Duschen überschwemmt war. Schön ruhig da im lauten Getsemani. Und rüber ins Media Luna kann man ja trotzdem gehen, zum Beispiel zur Mittwochsparty auf deren Dachterrasse.

Im gleichen Gebäude wie das Hostal Baluarte befindet sich vorne an der Straße das Café Lunatico, dort haben wir jeden Morgen unser Müsli gefrühstückt und einmal abends sowas wie Indisch gegessen. Ansonsten tipptopp Pizza und Garten: Hinten in der Ciudad Móvil in der Calle del Espiritu Santo.

 PLAYA BLANCA

Skeptisch nach der ersten am-Strand-schlaf-Erfahrung wurde es anders als erwartet. bei Mama Ruth gabs feinen weißen Sand, Schatten und Schwimmringe zum plantschen. Hängematten mit Mosquitonetz kann man unter irgendeinem Dach aufgehängt bekommen (7.000 PES/Nacht), wir haben uns eine cabana für 40.000 geleistet, eine kleine Hütte mit Doppelbett mit Mosquitonetz. Fisch wird frisch auf den Grill gelegt und auch fabelhaft: Der Reis mit Hühnerfleisch für 15.000 PES. 

3 Gedanken zu „Kolumbien

  1. […] AUF / SELBERMACHEN / ZERFALLENE GEBÄUDE HomeÜberKolumbienkrambeutel Jun 04 2012 Hinterlasse einen Kommentar By stefanieundpaul […]

  2. Johne494 sagt:

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  3. Kolumbien sagt:

    […] Gute drei Wochen von oben nach unten, Mitte bis Küste, durch die Klimazonen im April und Mai 2012. Nach Wärme sehnen, dann die Wärme nicht mehr aushalten, in Gummistiefeln durch den tiefen grünen dichten Wald, das schönste Hostel jemals, den ganzen Körper voller Pusteln, und ein schweißüberströmter Weg zurück. Erlebnisse, die nie vergessen werden. […]

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